Im Westjordanland könnten sich Siedler heute frei austoben, warnt Aktivist Guy Butavia. Sanktionen gegen einzelne von ihnen dürften nur ein Anfang sein.
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Vor dem 7. Oktober war die Siedlergewalt schon gravierend eskaliert, mehrere Hirtengemeinschaften wurden vertrieben. Wie kam es dazu?
Unter US-Präsident Trump hatte das Siedlungsprojekt einen Blankoscheck. Es kam so in Schwung, dass es unter Biden kaum noch zu bremsen war. Die israelische Regierung zwischen 2021 bis 2022, die nicht von Netanjahu geführt wurde, beschleunigte es dann noch mehr. Mit Netanjahus neuer Regierung sitzen die Siedler*innen jetzt im Kabinett und können sich uneingeschränkt austoben. Ihre neue Trumpfkarte ist es, kleine Farmen zu gründen, die riesige Landstriche als Landwirtschaftsfläche beanspruchen. So werden ganze Communitys vertrieben, die palästinensische Wirtschaft wird zerstört.
Wie hat sich die Lage seit dem 7. Oktober verändert?
Die Siedlerinnen sahen, dass sich ein Gelegenheitsfenster öffnete, in dem sie neue Fakten schaffen konnten. Dabei bekamen sie Rückendeckung von der Regierung. Tausende Siedlerinnen wurden formell zu Reservistinnen erklärt und sie bekamen Uniformen und Waffen. Mittlerweile kann man gar nicht mehr unterscheiden zwischen Siedlerinnen und offiziellen Soldatinnen. Ohne dass die Armee für Ordnung sorgt, schweifen die Siedlerinnen frei aus. Sie schießen, verletzen und verursachen enorme Sachschäden. Über 20 Ortschaften haben sie gänzlich vertrieben, hunderte von Menschen aus tausenden Quadratkilometern.
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Viele Deutsche sehen sich gerade auch jetzt während des Gazakriegs in erster Linie dem jüdischen Volk verpflichtet. Haben Sie dafür Verständnis?
Als ein Vertreter der dritten Generation der Holocaustopfer betone ich immer: „Nie wieder“ muss heißen: „Nie wieder für alle“. Auch die Shoah wurde nicht nur an Jüdinnen und Juden begangen. Die Lehre muss sein, Rassismus und als Teil dessen auch Antisemitismus zu bekämpfen. Wenn deutsche Schuldgefühle dazu führen, dass Prinzipien auf andere Menschen nicht angewandt werden, ist das für mich eine Verzerrung. Grundrechte darf man Menschen nicht wegnehmen.
Das kann ich so unterschreiben.